PD Dr. habil. Anneke H. van Heteren
Sektion Mammalogie
Sektionsleiterin Mammalogie
Forschung
Form und Struktur fungieren als Medium für die Interaktion zwischen Organismen und Umwelt. Daher ist die Forschung in diesem Bereich für ein umfassendes Verständnis der organismalen Funktion, der Ökologie des Lebens sowie der Biodiversität unerlässlich. Fossilien bieten uns das einzige direkte Fenster in evolutionäre Prozesse in der fernen Vergangenheit. Aus diesem Grund ist ein fundiertes Wissen über Fossilien und ihre Position und Rolle in den paläoökologischen Systemen der Erde entscheidend, um unser Verständnis für die Entwicklung der modernen Biodiversität und möglicherweise auch ihrer Zukunft zu erweitern. Die Phänomik ist die systematische Untersuchung der phänotypischen Merkmale von Organismen, die von großen Mengen phänotypischer Daten abhängt. Dieser Ansatz bietet potente und vielseitige Werkzeuge wie geometrische Morphometrie und Mikrostrukturanalyse, um Form in statistisch robusten mathematischen Modellen hinsichtlich morphologischer Variation und funktionaler Morphologie auf allen biosystematischen Ebenen sowie in ontogenetischen und evolutiven Dimensionen darzustellen.
In diesem Zusammenhang beschäftigen wir uns mit verschiedenen Themen. Ein Aspekt ist das Verständnis der Anpassung von Eichhörnchen an Jahreszeiten, Klima und Konkurrenz. Ein weiterer Forschungsbereich ist das Verständnis der Populationsdynamik lokal gefährdeter Siebenschläfer. Wir sind ein dynamisches Team mit einer wachsenden Liste von Veröffentlichungen.
Ökologie des Eichhörnchens: Anpassungen an die Jahreszeiten, das Klima und den Konkurrenz
Das Eurasische Eichhörnchen (Sciurus vulgaris) reagiert empfindlich auf Lebensraumverlust und -verschlechterung, die wahrscheinlich durch den globalen Klimawandel bedingt sind. Darüber hinaus breiten sich urbane Umgebungen fast überall schnell aus, was eine erhebliche globale Herausforderung für das Überleben der Tierwelt, einschließlich der Eichhörnchen, darstellt. Darüber hinaus sind Grauhörnchen (Sciurus carolinensis) eine invasive Art in Europa, die dazu neigt, Eurasische Eichhörnchen zu verdrängen. Der Klimawandel könnte die Verbreitungsgebiete von Grauhörnchen und Eurasische Eichhörnchen verändern, was zu Veränderungen in ihren sich überschneidenden Territorien führen könnte. Dies wiederum könnte ihre Interaktionen beeinflussen und das Überleben der Eurasische Eichhörnchen beeinträchtigen, die innerhalb von Jahrzehnten aus Europa verschwinden könnten. Das Verständnis ihrer Anpassungsflexibilität wird gegenwärtige und zukünftige Naturschutzprojekte voranbringen.
Beispielsweise zeigen vorläufige Mikrostrukturanalysen, dass sich die Parameter der Knochenmikroarchitektur, wie etwa das Knochenvolumen, zwischen Individuen, die in verschiedenen Jahreszeiten gestorben sind, erheblich unterscheiden, was stark auf intraindividuelle Veränderungen im Jahresverlauf hindeutet, die durch saisonale Ernährungsschwankungen verursacht werden. Der Klimawandel wird wahrscheinlich zu einer veränderten Nahrungsverfügbarkeit für Eichhörnchen führen, was sich voraussichtlich auf ihre Knochengesundheit auswirken wird. Wenn wir die biologische Reaktion von Eichhörnchen auf den Klimawandel verstehen und vorhersagen können, können wir die notwendigen Maßnahmen ergreifen, beispielsweise durch die Bereitstellung von Zusatzfutter.
Ökologie des Siebenschläfers: Verknüpfung von Morphologie und Genetik
Der Siebenschläfer (Glis glis) ist der größte Bilch (Familie Gliridae) und die einzige bestehende Art in der Gattung Glis. Er ist in der Laub- und Mischwaldzone Europas und Südwestasiens heimisch. Die Art ist gefährdet durch die Fragmentierung von Wäldern und ist entlang ihres nördlichen Verbreitungsgebietes, zu dem auch Deutschland gehört, von besonderer Naturschutzbedenken. Dort sind die Populationen aufgrund von Abholzung und schlechter Forstwirtschaft fragmentiert. Der Siebenschläfer weist stark divergierende phylogenetische Linien auf und repräsentiert einen seltenen Fall (zumindest unter Säugetierarten) von sympatrischer und allopatrischer reproduktiver Isolation. Dieses Projekt wird anfänglich die phänotypische und genotypische Variabilität des Siebenschläfers in den Alpenvorlandregionen seit dem späten Pleistozän dokumentieren. Die Faunen alpiner Gebiete sind besonders aussagekräftig, um allgemeine Prinzipien der Biodiversitätsdynamik zu bestimmen, da die Alpen besonders von Veränderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel betroffen sind, einschließlich einer erhöhten menschlichen Landnutzung. Anschließend wird dieses Projekt auf größere geografische und zeitliche Maßstäbe ausgeweitet.